Fallstudie: Maut-Autobahn in Osteuropa (Teil 4)
Weiterführende Diskussionspunkte zur Case Study
1.Kosteneinsparungen / Wachstumspotential:
Es könnten sich durch den Straßenbau, über die Mauteinnahmen hinaus, weitere positive Effekte für die L-Handel AG ergeben. Die L-Handel AG könnte beispielsweise profitieren von geringen Kosten der eigenen Transporte zwischen den Großstädten, einer besseren Anbindung und Erreichbarkeit des existierenden Großmarktes für Lieferanten und Kunden, oder sonstigen zukünftigen wirtschaftlichen Aktivitäten.
2.Gebotshöhe:
Es ist denkbar, dass im Gebotsverfahren zahlreiche andere Bieter auch mit einer Maut von L$ 2 bieten werden, insbesondere da eine gerade Zahl gefragt ist. Bei einer Maut von L$ 1 oder L$ 3 hat das Projekt jedoch einen negativen Barwert. Ein positiver Barwert könnte bei einer Maut von L$ 1 oder L$ 3 nur bei deutlich niedrigeren Kosten oder aber einem höheren PKW-Volumen realisiert werden. Ein denkbarer Lösungsansatz könnte sein, mit der Regierung eine flexible Maut auszuhandeln: Mit höherer (niedrigerer) Nachfrage sinkt (steigt) die Maut. Dadurch könnten die Risiken abgemildert werden. Weiterhin könnte ein Gebot von L$ 1 unter Berücksichtigung von eigenen Kosteneinsparungen (siehe Punkt 1) wirtschaftlich sinnvoll sein.
3.Nachfrage:
Es könnte das Risiko bestehen, dass das Verkehrsaufkommen deutlich geringer ausfällt als erwartet – beispielweise wenn die durch das Marktforschungsunternehmen erhobenen Daten fehlerhaft wären oder sich die Rahmenbedingungen unerwartet ändern (denkbar wäre beispielsweise, dass die mautfreie Landstraße zwischen den beiden Städten ausgebaut und für die Pendler attraktiver würde). Dies hätte zur Folge, dass in der Folge die Annahmen / die Kalkulation fehlerhaft sind und das Projekt ggf. auch bei einer Maut von L$ 2 nicht profitabel wäre.
4.Energiekosten:
Es ist anzunehmen, dass Spritkosten in der individuellen Entscheidung zur Nutzung der Mautstraße ebenfalls eine Rolle spielen werden. Bei der Nutzung der mautpflichtigen Autobahn stehen einer kürzeren Fahrtstrecke (bzw. implizit einem geringeren Spritverbrauch) die Mautkosten gegenüber. Dies ist in der Betrachtung bisher nicht berücksichtigt.
(Es lässt sich argumentieren, dass für diese erste Analyse die Energiekosten implizit in den Stundensätze / Opportunitätskosten mit enthalten waren.)
5.Kompetenzen / Kerngeschäft:
Es ist kritisch zu prüfen, ob die L-Handel AG über ausreichend eigene Expertise für die Errichtung und den Betrieb einer Mautautobahn verfügt. Der Konzern hat eine eigene Bausparte, aber wie oft wurden vergleichbare Infrastrukturprojekte bereits erfolgreich durchgeführt?
6.Währungsrisiken:
In welcher Währung würde die L-Handel AG das Projekt finanzieren? Lassen sich Wechselkursrisiken absichern und wenn ja, zu welchen Kosten? Werden für die laufende Wartung der Autobahn Waren / Dienstleistungen aus dem Ausland (und damit Fremdwährungen) benötigt?
7.Kostenrisiken:
Bei großen Infrastrukturprojekten kommt es oftmals zu Mehrkosten, hierfür gibt es auch in Deutschland zahlreiche prominente Beispiele. Wie kann die L-Handel AG sich gegen diese Risiken effektiv absichern?
8.Politische Risiken:
Es sind mehrere politische Risiken denkbar. Ein Emerging Market kann politisch instabil sein, weiterhin kann es zu Problemen bei der Durchsetzbarkeit vertraglicher Ansprüche kommen. Zudem könnten auch Compliance-Risiken für die L-Handel AG gegeben sein (z. B. Korruption).
1/4: Fallstudie Mautautobahn
2/4: Fallstudie Mautautobahn: Hintergrundinformationen
3/4: Fallstudie Mautautobahn: Lösungsvorschlag
4/4: Fallstudie Mautautobahn: Weiterführende Diskussionspunkte
Diese Case Study wurde zur Verfügung gestellt von Ebner Stolz Management Consultants.
Staufenbiel Institut