Fallstudie: Maut-Autobahn in Osteuropa (Teil 3)
Lösungsvorschlag zur Case Study
Die neue Mautstraße wird potenziell sowohl von den derzeitigen Nutzern der kostenfreien Landstraße genutzt werden (umgeleitete Pendler / bestehende Nachfrage) als auch von PWK, die bisher noch nicht zwischen den zwei Städten pendeln (latente Nachfrage).
Umgeleitete Pendler / bestehende Nachfrage: Es kann angenommen werden, dass Pendler die neue Mautstraße nutzen werden, wenn deren individuelle Kostenersparnis größer ist als die Mautgebühr. Ein Fahrer vergleicht also Kosten und Nutzen einer moderneren und kürzeren, aber mautpflichtigen Straße.
- Die Zeitersparnis durch die neue Mautstraße liegt durchschnittlich bei einer halbe Stunde (20 Km geringere Entfernung, durchschnittliche Geschwindigkeit von 40 Km / h)
- L$ 3 Maut: 15.000 PKW sparen Opportunitätskosten von L$ 5 (1/2 Stunde Zeitersparnis bei einem Stundensatz von L$ 10; Ersparnis somit größer als die Mautgebühr von L$ 3) und nutzen die Straße
- L$ 2 Maut: Bei dieser Maut nutzen weitere 20.000 PKW die Straße, da die eingesparten Opportunitätskosten von L$ 2,50 höher sind (1/2 Stunde Zeitersparnis bei Stundensatz von L$ 5).
- L$ 1 Maut: Weitere 15.000 PKW nutzen die Straße bei dieser Maut (1/2 Stunde Zeitersparnis bei Opportunitätskosten von L$ 2,50).
- Achtung: Die Pendler nutzen die Autobahn täglich zwei Mal (Hin- und Rückfahrt)!
Latente Nachfrage: Es ist schwierig zu ermitteln, wie viele PKW die neue Mautstraße nutzen werden, die vorher noch nicht zwischen den Städten gependelt sind. Auch hier werden Kosten-Nutzen-Erwägungen angestellt, aber es könnten –über eine Zeitersparnis hinaus- weitere Nutzenaspekte eine Rolle spielen. Die vorliegenden Marktforschungsergebnisse können als Grobindikation herangezogen werden für die zusätzlichen PKW, die bei einer gegebenen Mautgebühr zusätzlich täglich pendeln werden.
Aus der abgeschätzten Nachfrage für alternative Mautgebühren kann nun Umsatz, Kosten und Gewinn errechnet werden.
Umsatz:
- L$3: (15.000 PKW umgeleiteter Pendler jeweils mit Hin- und Rückfahrt + 1.500 PKW latente Nachfrage) * L$3 = 31.500 PKW * L$ 3 = L$ 94.500 pro Tag, bei 365 Tagen Jahresumsatz L$ 34.492.500
- L$2: (35.000 PKW umgeleiteter Pendler jeweils mit Hin- und Rückfahrt + 5.000 PKW latente Nachfrage) * L$2 = 75.000 PKW * L$ 2 = L$ 150.000 pro Tag bzw. L$ 54.750.000 p. a.
- L$1: (50.000 PKW umgeleiteter Pendler jeweils mit Hin- und Rückfahrt + 8.500 PKW latente Nachfrage) * L$1 = 108.500 PKW * L$1 = L$ 108.500 pro Tag bzw. L$ 39.602.500 p. a.
Variable Kosten:
- L$3: 31.500 PKW / Tag * 365 Tage * L$ 0,33 = L$ 3.794.175
- L$2: 75.000 PKW / Tag * 365 Tage * L$ 0,33 = L$ 9.033.750
- L$1: 108.500 PKW / Tag * 365 Tage * L$ 0,33 = L$ 13.068.825
Gewinn (bezogen auf ein Jahr):
- L$3: Umsatz – Fixkosten – variable Kosten = L$ 34.492.500 – L$ 10 Mio. – L$ 3.794.175 = L$ 20.698.325
- L$2: = L$ 35.716.250
- L$1: = L$ 16.533.675
Zwischenfazit: Die gewinnmaximierende Maut beträgt L$ 2, wobei jährlich ein Gewinn von rd. L$ 35,7 Mio. realisiert wird. Ist dieser jährliche Gewinn unter Berücksichtigung der Baukosten und der Projektrisiken hoch genug?
Hierzu kann der diskontierte Barwert der Investition in die Mautstraße betrachtet werden. Der Barwert einer „ewigen Rente“ von jährlich L$ 35.716.250 beträgt, unter Berücksichtigung der anfänglichen Baukosten von L$ 100 Mio. und eines Diskontierungszinssatzes von 25%:
( L$ 35.716.250 / 25% ) – L$ 100 Mio. = L$ 42.865.000
Berechnet man den Barwert auch für die alternative Maut von L$ 1 (Barwert L$ -33.865.300) oder L$ 3 (Barwert L$ -17.206.700), ist dieser jeweils negativ, d. h. der jährliche Gewinn ist unter Berücksichtigung der Baukosten und der Projektrisiken nicht hoch genug.
Fazit: Bei einer Mautgebühr von L$ 2 hat das Projekt einen positiven Barwert. Ein Gebot für Errichtung und Betrieb der Mautstraße sollte abgegeben werden mit einer Maut von L$ 2.
1/4: Fallstudie Mautautobahn
2/4: Fallstudie Mautautobahn: Hintergrundinformationen
3/4: Fallstudie Mautautobahn: Lösungsvorschlag
4/4: Fallstudie Mautautobahn: Weiterführende Diskussionspunkte
Diese Case Study wurde zur Verfügung gestellt von Ebner Stolz Management Consultants.
Staufenbiel Institut