Brexit: Was bedeutet er für meine Karriere?
Wie sieht das mit einem Auslandssemester in England aus?
Natürlich kannst du auch in Zukunft in England studieren. Aber ob das mit Erasmus weiterhin so funktioniert wie bisher, wird bezweifelt. „Das britische Votum gegen die Mitgliedschaft in der EU wird erhebliche Auswirkungen auf die Mobilität von Studierenden haben“, sagt Margret Wintermantel, Präsidentin des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD).
Der Brexit kann sogar das Ende für Erasmus in England bedeuten. Ob das im Interesse Britanniens ist, bleibt zu bezweifeln. „Akademiker aus Deutschland bilden eine besonders große Gruppe der Mitarbeiter an britischen Hochschulen. Eine Einschränkung der Mobilität hat natürlich Konsequenzen für das akademische System Großbritanniens und den britischen Arbeitsmarkt“, so die Präsidentin des DAAD.
Auch Auslandspraktika und Praxissemester werden in England schwerer zu bekommen sein. England würde dann keines der teilnehmenden Länder des Erasmus-Programms mehr sein. Wenn du Praxiserfahrungen in England sammeln willst, musst du dich zusammen mit deiner Hochschule nach anderen Förderungsmöglichkeiten und Agenturen umsehen, die dir eine Praktikumsstelle im Vereinigten Königreich vermitteln können. Natürlich kannst du dich auch direkt an die Unternehmen wenden.
Was ändert der Brexit für die Einreise nach England?
Ob für die Einreise ein Visum nötig wird, muss noch festgelegt werden, ist aber unwahrscheinlich. Falls es doch gebraucht wird, musst du eins im Internet beantragen. Einreisen kannst du dann erst, wenn du dein Visum erhalten hast. Das kann bis zu 400 Euro kosten.
Wird ein Auslandsaufenthalt noch finanziell unterstützt?
Ja, wird er. Ob Erasmus für Großbritannien aufgelöst wird, ist noch unklar. Momentan wird ein neues Modell ausgehandelt. Aber ein Ende der Teilnahme Englands am Erasmus-Programm heißt nicht, dass es nicht noch andere Möglichkeiten für finanzielle Unterstützungen gibt. Demnach wirst du auch in Zukunft weiterhin dein Auslandssemester, Auslandspraktikum oder ganzes Studium in England absolvieren können.
Wird England jetzt noch teurer? Und steigen die dortigen Studiengebühren?
„Erasmus-Studierende sind aktuell von Studiengebühren befreit, EU-Studierende zahlen reduzierte Studiengebühren. Es besteht die Möglichkeit, dass es zu einer Erhöhung der Studiengebühren kommt“, erklärt Margret Wintermantel. Es kann also sein, dass du in England in Zukunft genauso viel für das Studium zahlst wie die Briten: laut „Guardian“ bis zu 10.000 Euro pro Jahr. Es gibt aber Hoffnung: Die Schweiz ist kein Mitglied der EU, die Studiengebühren für ausländische Studenten werden trotzdem vergünstigt. Die Lebenshaltungskosten in England werden nach dem Brexit womöglich ebenfalls steigen.
Was für Alternativen gibt es für ein englischsprachiges Auslandssemester?
Wenn es dir darum geht, dein Englisch zu verbessern, dann wäre das Beste natürlich ein Land mit Englisch als Muttersprache. USA und Kanada kommen hierfür als erste Kandidaten in den Sinn. Wertvolle Erfahrungen und einen lockereren Umgang mit Englisch lernst du aber mittlerweile in so gut wie jedem europäischen Land. Soll es trotzdem auf die Insel gehen, ist Schottland eine Idee. Dort findest du das gleiche Sprachniveau wie in England und musst oft weniger bezahlen als für ein Studium in England! Ein weiterer Tipp ist Malta. Auf der kleinen Insel haben sich im Laufe der Zeit viele Briten niedergelassen. Die Malteser selbst sprechen alle gutes Englisch. Außerdem ist Malta Mitglied in der EU und Teilnehmer des Erasmus-Programms.
Was bedeutet der Brexit für mich, wenn ich gerade in England studiere?
Du wirst bis zum offiziellen Austritt Englands aus der EU wie gehabt unterstützt. Das befreit dich aber natürlich nicht von den höheren Lebenshaltungskosten, die eventuell schon früher anfallen. Nach gesetzlichen Regelungen würde der Brexit ohne Abkommen frühstens 2018 in Kraft treten - sollte der Austrittsgesuch dieses Jahr noch verfasst werden. Ob es einen Bestandschutz für bereits vereinbarte Auslandsaufenthalte nach dem Brexit gibt, ist ungewiss. „Vieles hängt von den Konditionen eines EU-Austritts ab“, sagt Sven Engel vom Deutschen Studentenwerk. „Denkbar ist auch, dass die Heimathochschule Einzelabsprachen für Auslandssemester in Großbritannien mit dortigen Partnerhochschulen trifft.“
Wie wirkt sich der Brexit auf meine Zukunft aus, beeinflusst er die Jobchancen in Deutschland?
Ein Ausstieg Englands aus der EU steigert die Attraktivität Deutschlands für europäische Arbeitnehmer: Die Einreise nach Deutschland wird für Europäer in Zukunft einfacher sein als die nach England. Vor allem Frankfurt könnte einen Boom erleben: Tritt England wirklich aus der EU aus, werden viele Banken mit einem Standortwechsel liebäugeln, damit die Geschäfte innerhalb der EU weiter reibungslos funktionieren. Die Bankenstadt Frankfurt wäre dafür ideal.
Auch Deutsche, die ihre Zukunft in England sehen, müssen es sich jetzt vielleicht neu überlegen: Warum nicht in Deutschland bleiben? Für Erasmus-Studenten ist Berlin eines der beliebtesten Ziele. Das liegt vor allem an den Mietkosten. Laut Uniplaces beträgt die derzeitige Durchschnittsmiete für Studentenwohnungen in London 716 Euro. Berlin ist mit durchschnittlich 460 Euro preiswerter.
Ich möchte später in Großbritannien arbeiten. Verringern sich die Jobchancen für den Einstieg in England?
Ja, aber die Jobchancen sind immer noch da. Wenn du die Ansprüche des Arbeitgebers und die Kriterien für ein langfristiges Visum erfüllst, besteht nach wie vor die Möglichkeit. Je nach Unternehmen sind ausländische Mitarbeiter mit vielfältigen Sprachkenntnissen gerne gesehen.
Es wird durch den Brexit dennoch schwerer für dich, in England deinen Berufseinstieg zu finden. Denn es wird dann keine Arbeitnehmerfreizügigkeit mehr geben, wie sie in der EU üblich ist. Laut einer Studie der Oxford University werden die Visa-Bedingungen von einem Großteil der ausländischen Europäer, die in England arbeiten, nicht erfüllt. 66 Prozent der Ausländer im englischen Finanzsektor erfüllen die Voraussetzungen nicht. Ein Großteil davon sind Deutsche.
Aber noch ist beim Thema Brexit nicht alles entschieden.
Erik Koch, Redaktion