So hilft Leon Windscheids "Wer wird Millionär?"-Taktik auch dir
Leon Windscheid hat bei Günther Jauch eine Million gewonnen. Er ist Psychologe und Unternehmer.
Leon Windscheid "Wer wird Millionär?"-Gewinner und Psychologe
Bei Günther Jauch landen nur wenige von uns – aber wir alle kennen wichtige Bewerbungsgespräche. Lässt sich das vergleichen?
Aus meiner Sicht wird in beiden Fällen eine zentrale Komponente oft unterschätzt: Wie funktioniere ich in dieser Situation? Natürlich muss ich als Bewerber inhaltlich alles drauf haben, was ein Recruiter wissen will. Genauso muss ich möglichst viele Fragen von Günther Jauch beantworten können. Aber ich muss auch in der Lage sein, in einer maximalen Stresssituation Höchstleistungen abzurufen. Das gilt fürs Fernsehstudio genau wie für Bewerbungsgespräche – und manchmal ist ein Job am Ende noch wichtiger als die Million.
Wie bereitet man sich bestmöglich auf diese stressige Situation vor?
Mein klarer Appell: Setzt euch mit der Aufregung auseinander. Wir werden in einen Kontext gesetzt, in dem wir uns meist psychisch und körperlich nicht wohlfühlen. Deshalb sollten wir vorher genau beobachten: Wie reagiert mein Körper, was macht mein Gehirn, wie spielt beides zusammen? Es hilft schon, wenn ein Freund den knallharten Recruiter spielt: Er oder sie soll uns ruhig ein wenig herausfordern, auf Schwächen eingehen, den Finger in die Wunde legen.
Wer die unangenehmen Dinge schon einmal verbalisiert hat, lässt sich später nicht davon überwältigen. Ich habe mich vor der Sendung nur in Boxershorts abfragen lassen – so war ich in einer Situation, die ungewohnt und peinlich ist. Das trainiert für den späteren „Ernstfall.“
Kann jeder mit den solchen Übungen die Angst vor Prüfungssituationen ablegen?
Ich bin der Meinung, dass man alles trainieren kann. Wir Psychologen sprechen im Kontext der Angsttherapie zum Beispiel von der Spirale der Angst. Man denkt, die eigene Angst wird einen überwältigen. Der Kopf merkt, dass du gestresst bist und meldet dem Körper, dass er entsprechend reagieren soll. Wenn uns dann heiß wird und wir stottern, verunsichert das den Kopf weiter – so schaukelt sich das Ganze immer weiter hoch. Wie eine Spirale. Wir müssen uns genau das vor Augen führen. Wer weiß, dass Angst nach kurzer Zeit ganz automatisch abflacht, bricht aus der Spirale aus.
Welche weiteren Erkenntnisse aus der Psychologie können Bewerbern helfen?
Man sollte zum Beispiel den Halo-Effekt kennen: Ein bestimmtes Merkmal einer Person kann den ganzen Rest überstrahlen. Wenn jemand den Hosenstall offen oder starken Mundgeruch hat, dann kann nur ein absoluter Profi nicht darauf achten und die restliche Persönlichkeit unvoreingenommen wahrnehmen. Solche Dinge sollten wir bei anderen bestmöglich ignorieren – und wir selbst sollten vermeiden, mit einem solchen Detail selber aufzufallen.
Wie sieht die ideale Vorbereitung aus, um die Million oder den Traumjob zu bekommen?
Mein Millionenrezept: Zuerst braucht man das faktische Wissen und dafür einen klar strukturierten Lernplan. Zweitens ist es ganz wichtig, sich mit den psychologischen Themen auseinanderzusetzen und die eigene Angst zu bewältigen. Und den dritten Punkt nenne ich die Jauch-Komponente: Die Chemie muss stimmen – das gilt auch bei Recruitern. Dafür hilft es, immer authentisch zu bleiben. Auch wenn man mal daneben liegt oder sich blamiert: Dann kann man sich kurz entschuldigen und „gut is“, wie man im Rheinland sagt. Wichtig ist es, sich nicht zu verstellen.
Ist dieses Millionenrezept eine Garantie, um bei Günther Jauch oder in Bewerbungen erfolgreich zu sein?
Natürlich kann man nicht alles planen. Günther Jauch ist ein Spielertyp, genauso hat jeder Recruiter seine eigene Art. Es wäre vermessen, in die Sendung zu gehen und zu sagen: „Ich hole heute die Million.“ Wenn man eine Antwort nicht weiß, dann weiß man sie nicht. Das ist in einer Bewerbung genauso. Ich glaube aber an Wahrscheinlichkeiten: Je mehr ich vorbereitet bin und je besser ich das Unternehmen kenne, meine Stärken darstellen und Schwächen erklären kann – desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, auf ein schwarzes Loch zu treffen.