Die acht größten Karriere-Irrtümer
1. Der Ruf meiner Uni ist egal
Zwar schaut nicht einmal jeder zehnte Arbeitgeber laut einer Studie bei der Bewerbung auf den Ruf der Hochschule. Aber ganz unwichtig ist das Renommee der Uni, an der du studiert hast, nicht. Etwa in Zweifelsfällen. Wenn zwei Bewerber mit den gleichen Qualifikationen für eine Stelle infrage kommen, werden Unterschiede gesucht. Und natürlich kann die Exzellenz-Universität mit dem guten Ranking gegen die Fachhochschule in Klein Posemuckel punkten. Ansonsten gilt: nur nicht überbewerten.
2. Es geht auch ohne gute Note
Klar geht es ohne gute Abschlussnote. Wenn man Taxi fahren will, Kellner bleiben möchte oder überhaupt nicht so genau weiß, was man anstellen soll nach dem Studium. Die Abschlussnote ist zu einem bestimmten Zeitpunkt für einige Sekunden relativ wichtig: Nämlich dann, wenn eine Vorauswahl aus den Bewerbungsunterlagen im Unternehmen getroffen wird, schauen Personalexperten immer auch auf die Noten. Bei vielen Unternehmen werden Bewerbungen bis zu einer Abschlussnote von 2,5 akzeptiert. Natürlich finden auch Bewerber mit eher durchschnittlichen Noten interessante Jobs. Es dauert aber oft länger.
3. Die Extrovertierten kommen auf den Chefsessel
Ja und nein. Natürlich ist es besser, wenn man als Einsteiger bei seiner ersten Präsentation vor dem Vorstand nicht gleich puterrot anläuft und die Stimme zittert. Und natürlich ist es besser, wenn man als Aufsteiger nicht jeder neuen Aufgabe aus dem Weg geht. Aber: Wer immer nur den Lautsprecher macht, und nicht auch mal echte Probleme löst, wird irgendwann auf der Stelle treten. „Es gibt zwei Möglichkeiten Karriere zu machen: Entweder leistet man wirklich etwas, oder man behauptet, etwas zu leisten“, hat der amerikanische Schauspieler Danny Kaye gesagt und hinzugefügt: „Ich rate zur ersten Methode, denn hier ist die Konkurrenz bei Weitem nicht so groß.“
4. Nur mit BWL kann ich Berater werden
Das ist Quatsch. Denn bei vielen großen Beratungshäusern sind teils gut gegelte BWLer zwar häufig vertreten, aber auch Menschen mit einem exzellenten Abschluss in Physik, Geografie oder Literatur steigen als Berater ein. Und Ingenieure und ITler sind hier ebenso stark gesucht wie in der Industrie. Bei Boston Consulting zum Beispiel hat nur rund jeder zweite Berater einen Wirtschaftsabschluss. Für alle anderen gilt: Wer als Berater arbeiten will, muss zwar gewisse Dinge wie Belastbarkeit mitbringen, ein bestimmtes Studienfach aber nicht.
5. Der Doktortitel befeuert die Karriere
Auf jeden Fall macht sich der Doktortitel gut auf der Visitenkarte. Wer den Titel trägt, wird zuweilen auch damit angesprochen. Aber der „Dr.“ vor dem Namen ist nicht automatisch und schon gar nicht in allen Branchen und Jobs ein Karriere-Turbo. Ziemlich gut macht er sich bei Naturwissenschaftlern (von Chemikern wird er erwartet, Physiker kommen aber auch mit dem Master weiter), bei Unternehmensberatern, Wirtschaftsjuristen und Vorstandsassistenten bei Banken und Versicherungen. Ingenieure und Informatiker kommen ohne ihn aus – außer sie wollen in die Wissenschaft. Und es gibt ja auch noch den MBA für die Karriere.
6. Vitamin B spielt keine Rolle
Ja, es gibt auch erstklassige Karrieren ohne Vitamin B. Aber es ist deutlich einfacher, wenn Papa sagt: „Möchtest du ein Praktikum bei uns in der Bank machen?“. Ganz am Anfang der Karriere spielt Vitamin B noch nicht so eine große Rolle, aber je höher es geht (wo die Luft bekanntlich immer dünner wird), desto wichtiger sind Kontakte. Und es ist ja auch nichts dagegen einzuwenden, wenn man „Beziehungshilfe“ in Anspruch nimmt. Sie kommt sowieso nur, wenn man auch schon mal selbst Beziehungshilfe geleistet hat. Wer beim Networking nicht dafür sorgt, dass Geben und Nehmen in Balance stehen, wird selten erleben, dass Vitamin B hilft – weil es gar nicht vorhanden ist.
7. Bescheidenheit ist eine Zier
Es kommt immer wieder vor, dass Mitarbeiter jahrelang gut, erfolgreich, effektiv arbeiten und nie, aber wirklich nie werden sie von ihrem Chef gelobt. Oft gibt es einen simplen Grund dafür: Der Chef weiß nicht, dass der betreffende Mitarbeiter jahrelang gut, erfolgreich, effektiv gearbeitet hat – niemand hat es ihm je gesagt. Die Kollegen nicht – sie wollen niemanden zu sehr loben – und der Mitarbeiter selbst auch nicht („Das sieht der Chef doch schon“). Eigenlob müffelt nur dann ein wenig, wenn es zu häufig und zu kräftig aufgetragen kommt. Wer das richtige Maß findet (zugegeben sehr schwer), wird auch irgendwann erhört. Denn laut Volksmund gilt weiterhin: Bescheidenheit ist eine Zier, aber weiter kommt man ohne ihr.
8. Was der Chef sagt, das stimmt
Warum erleben so viele Einsteiger im ersten Job ein Hü und ein Hott, ein Vor und Zurück, einmal so und einmal anders? Wahrscheinlich, weil es sehr anspruchsvoll ist, ein Unternehmen zu führen, weil sich in der Welt 2.0 täglich etwas ändert und weil es keine unumstößlichen Wahrheiten mehr gibt (oder nie gegeben hat). Strategie und Führung gehört zu den anspruchsvollsten Aufgaben im Wirtschaftsleben. Wie anspruchsvoll das ist, werden die meisten erst erfahren, wenn sie selbst dafür verantwortlich sind. Ansonsten sollte man sich auf das verlassen können, was der Chef gesagt hat. Wenn man einen guten Chef hat.