Als Jurist ins Richteramt
„Ich wollte unabhängig entscheiden können.“ Christine Koch, promovierte Richterin am Amtsgericht Köln, war etwa ein Jahr lang als Rechtsanwältin in einer internationalen Großkanzlei tätig. Dann entschied sie sich gegen die beratende Tätigkeit. Der Richterberuf reizte sie schon während ihrer Zivilstation im Referendariat. Um einen tieferen Einblick zu bekommen, absolvierte sie ihre Wahlstation beim Oberlandesgericht Köln.
Unabhängig entscheiden
Richter sind geltendem Recht und Gesetzen verpflichtet, berichten aber nicht an einen Vorgesetzten. Nach drei bis fünf Jahren Probezeit werden sie auf Lebenszeit ernannt. Sie sind praktisch unkündbar und können nicht gegen ihren Willen versetzt werden. All das schützt sie vor Einflussnahme.
Der Richterberuf bietet viel Abwechslung: Jeder Fall ist samt seiner Beteiligten einzigartig. An Sitzungstagen leiten Richter Verhandlungen, an den übrigen Tagen fertigen sie Urteile an, bereiten Sitzungen vor oder erledigen Dezernatsarbeit.
Die fünf Gerichtsbarkeiten
- ordentliche Gerichtsbarkeit: Amtsgericht, Landgericht, Oberlandesgericht, Bundesgerichtshof
- Arbeitsgerichtsbarkeit: Arbeitsgericht, Landesarbeitsgericht, Bundesarbeitsgericht
- Verwaltungsgerichtsbarkeit: Verwaltungsgericht, Oberverwaltungsgericht, Verwaltungsgerichtshof, Bundesverwaltungsgericht
- Finanzgerichtsbarkeit: Finanzgericht, Bundesfinanzhof
- Sozialgerichtsbarkeit: Sozialgericht, Landessozialgericht, Bundessozialgericht
Bewerben
Wer die beiden Staatsexamina besteht, erfüllt die wichtigste Voraussetzung für das Richteramt. Gute Chancen haben Volljuristen mit zwei Prädikatsexamina. Je nach Bundesland oder Oberlandesgericht reichen allerdings inzwischen schon 8 Punkte, so etwa in Baden-Württemberg. Eine Promotion kann hilfreich sein, ist aber kein Muss. Dazu Richterin Koch: „Unter den in den vergangenen Jahren eingestellten Richtern finden sich viele, die nicht promoviert haben.“ Informationen über das Einstellungsverfahren bieten die Internetauftritte der Landesgerichtsbarkeiten. Christine Koch durchlief ein eintägiges Assessment Center: „Kurze Zeit später stand mein erster Arbeitstag beim Amtsgericht Köln an.“
Entscheidungsfreude und Neugier, aber auch Freude an der Arbeit mit Sprache sollten Referendare mitbringen. „Nicht nur die schriftlichen Entscheidungen, auch der Umgang mit Prozessbeteiligten verlangt besonderes Fingerspitzengefühl“, sagt Richterin Koch.
Gehalt und Karriere als Richterin
Berufsanfänger erwartet eine hohe Arbeitsbelastung. „ Am Anfang war eine 60-Stunden-Woche keine Ausnahme“, bestätigt Koch. „Ich habe auch am Wochenende über den Akten gebrütet.“ Doch der Zeitaufwand pendelt sich ein: „Mittlerweile, nach knapp vier Jahren, hat sich meine tägliche Arbeitszeit auf acht bis neun Stunden reduziert.“
Koch kann ihre Arbeitszeit flexibel gestalten, so sind Familie und Beruf gut vereinbar. Viele Richter können auch Nebentätigkeiten, wie etwa einer Prüfertätigkeit oder einem Lehrauftrag, nachgehen. „Seit zwei Jahren leite ich Arbeitsgemeinschaften für Rechtsreferendare“, so Koch.
Einsteiger werden nach der Besoldungsgruppe R 1 vergütet und verdienen aktuell durchschnittlich 3.800 Euro inklusive Sonderzahlungen. Die Aufstiegsmöglichkeiten sind begrenzt. Eine Beförderung ist nach mehrjähriger richterlicher Spruchtätigkeit und mehreren Monaten Tätigkeit an einem Obergericht möglich. Verwaltungserfahrung hilft dabei.
Nadine Fischer, Gastautor