Compliance-Experten gesucht
Wer hat wem wie viel Geld bezahlt, um die Fußball-WM 2006 in Deutschland ausrichten zu können? Wer wusste wann, dass in VW-Motoren eine Software eingespielt wurde, um die geforderten Werte bei den Abgasuntersuchungen zu erreichen? Immer wieder kommen Rechtsverstöße von Unternehmen an die Öffentlichkeit und bringen sie in die Kritik. Nicht selten wird die oberste Führungsriege in Haftungsfälle verwickelt. Kein Wunder, dass Compliance - die Einhaltung von Gesetzen und die Überwachung des Regelwerkes eines Unternehmens - ein immer größeres Thema für Unternehmen und ihre Rechtsspezialisten ist. Denn der Schaden bei Nichteinhaltung von Gesetzen kann immens sein. Steuernachzahlungen, Strafzahlungen und Anwaltshonorare haben sich in der Vergangenheit auf Beträge jenseits der Milliardengrenze summiert. Der Imageschaden ist darin noch gar nicht enthalten.
Am häufigsten kommt Compliance im Bereich der Wirtschaftskriminalität zum Tragen. Doch auch Produkthaftung, Kapitalmarktrecht, Datenschutz, Umwelt- und Außenwirtschaftsgesetze oder das Wettbewerbsrecht sind gängige Themen.
Compliance-Beratung im Aufwind
Besonders verbreitet ist Compliance bei Banken und Finanzdienstleistungsunternehmen, wenn es um das Wertpapierhandelsrecht geht. Dort ist die Bestellung eines Compliance-Beauftragten sogar gesetzlich vorgeschrieben. Doch die Selbstverpflichtung von Unternehmen, sich an Gesetze und unternehmenseigene Regeln zu halten, gibt es nicht nur bei Banken, weiß Compliance-Experte Dr. Carsten Thiel von Herff: "Zumindest jedes DAX 30-Unternehmen macht Compliance in irgendeiner Form. Es geht darum, Risiken zu minimieren, indem vernünftige Regeln existieren und Verfahren gut betreut werden. Compliance kann als 'strafrechtliches Risikomanagement' bezeichnet werden. Der Bedarf an Compliance wird angesichts neuer Gesetze und durch die Erkenntnis, dass Compliance für Unternehmen eine echte Chance ist, weiter zunehmen."
Gute Berufsaussichten für Compliance-Experten
Wo es in Unternehmen Compliance-Abteilungen gibt, sind Juristen General Counsel mit einem breitgefächerten und abwechslungsreichen Aufgabenspektrum. Aber auch in Großkanzleien, in denen Juristen sich auf dieses Gebiet spezialisiert haben, können sie zuweilen Berater, Verhandler, Vertrauensperson und Dienstleister gleichzeitig sein. Je stärker der Fokus auf Compliance ausgerichtet ist, desto eher sind erfahrene Juristen gefragt. Die zuständigen Abteilungen und Verantwortlichen sind meist ganz oben im Top-Management verankert.
Ein Job mit hohen Anforderungen, doch Thiel von Herff macht Berufseinsteigern Mut: "Niemand bringt direkt alles mit, was er für den Job braucht, deshalb muss sich auch niemand zu viele Gedanken machen. Natürlich sind grundlegende juristische Fähigkeiten und insbesondere strafrechtliche Kenntnisse hilfreich. Ein Bewerber sollte schon wissen, was Korruption ist. Der Einstieg in ein Unternehmen fällt zwar leichter, wenn man vorher schon mal was anderes gemacht hat, aber das meiste lernt man wirklich im Job." Mitbringen sollten Juristen neben dem fachlichen Know-how ein gutes Gespür für Kommunikation - damit Mitarbeiter ihre Richtlinien auch verstehen und umsetzen können.
Die Aussichten auf dem Arbeitsmarkt sind gut, denn spätestens seit dem VW-Abgasskandal boomt die Compliance-Beratung und es werden Anwälte eingestellt - sowohl in Kanzleien als auch in Compliance-Abteilungen der Unternehmen.
Weiterbildung: LL.M. in Compliance
Nachwuchsjuristen, die sich auf den Themenschwerpunkt vorbereiten möchten, können einen Master-Studiengang Compliance belegen. Etwa an der HTWG Hochschule Konstanz oder der Rheinischen Fachhochschule Köln. Wer Vorwissen mitbringt, kann damit bei mancher Bewerbung Pluspunkte sammeln. Und sein Gehalt verbessern. Denn nach wie vor sind Unternehmensjuristen nicht so gut bezahlt wie ihre Kollegen in den Großkanzleien.