Change-Management boomt: Eine Chance für junge Berater?
Unternehmen müssen sich verändern – und oft können sie es nicht alleine. Wenn durch den gesellschaftlichen Wandel, durch Globalisierung und Digitalisierung eine Neuausrichtung nötig wird, kommt häufig der Consultant ins Spiel. Change-Beratung ist ein großes Thema in der Branche. Welche Möglichkeiten ergeben sich daraus für Consultants? Und was müssen erfolgreiche Change-Berater mitbringen?
Was ist Change-Management?
„Change-Management geht grundsätzlich der Frage nach, wie Veränderungs- und Lernprozesse in Organisationen gestalten werden“, sagt Hans-Werner Bormann, Vorsitzender des BDU-Fachverbands Change Management und Geschäftsführer der WSFB-Beratergruppe Wiesbaden. „Es geht darum, Businessprobleme zu lösen und Unternehmen weiterzuentwickeln – und natürlich spielt dabei auch die Unternehmenskultur eine Rolle.“
Keine leichte Aufgabe für Consultants, denn viele Mitarbeiter empfinden Veränderungsprozesse als bedrohlich, vor allem in kleinen und mittelständischen Unternehmen. Häufig herrschen dort sehr persönliche Strukturen, die sich über Jahre oder Jahrzehnte entwickelt haben – und genau die werden aufgebrochen und komplett neu gedacht. Wie läuft dieser Prozess ab?
Wie gehen Change-Berater vor?
„Im Normalfall gibt es Change-Manager, die aus dem Management der Organisation stammen, die verändert werden soll“, sagt Bormann. „Dazu kommen externe Berater. Sie kennen Methoden und Tools, um die Veränderungsprozesse zu gestalten und bringen ihr zusätzliches Wissen ins Unternehmen ein.“ Der Berater stellt sicher, dass die zentralen Aspekte der Veränderung im Fokus stehen, dass betriebswirtschaftliche Themen mit der Haltung und dem Handeln aller Beteiligten verknüpft werden. Ein Schlüsselfaktor sei die Entwicklung der Reflektionskompetenz des Unternehmens – häufig seien den Beteiligten die eigenen Strukturen und Abläufe kaum bewusst.
Um das zu schaffen, führt der Berater Gespräche mit Führungskräften, er leitet Workshops mit Chefs und Mitarbeitern, setzt Projekte zur Weiterentwicklung des Unternehmens auf. Und ganz wichtig: Er setzt dabei auf das Wissen der Belegschaft. „Es geht darum, die Intelligenz der Organisation für den Prozess zu nutzen. Die Probleme werden immer komplexer. Deshalb gilt es, die Mitarbeiter an Bord zu holen, um mit ihnen gemeinsam Lösungen zu erarbeiten.“ Und ihnen so die Angst vor der notwendigen Veränderung nehmen.
Die Herausforderung: Den Spagat schaffen
Wenn du dich für den Einstieg in dieses Beratungsfeld interessierst, sollte dir klar sein: Die Aussichten sind gut, schließlich stehen in fast allen Unternehmen Veränderungsprozesse an – doch die Anforderungen sind hoch. Gerade die persönliche Ebene stellt Berater vor eine große Herausforderung. „Die Herausforderung ist, die Balance zu finden“, sagt Bormann. „Auf der einen Seite braucht der Berater Empathie, um die Probleme der Beteiligten zu erfassen. Auf der anderen Seite ist Distanz wichtig. Der Berater darf emotional nicht untergehen.“
Bei Veränderungsprozessen geht es oft um Themen, die Mitarbeiter emotional belasten – und das beginnt nicht erst bei Entlassungen. „Viele Mitarbeiter geraten bereits in eine Krise, wenn neue Arbeitszeitmodelle eingeführt werden und plötzlich nicht mehr Wochen im Voraus geplant werden kann“, sagt Bormann. „Das belastet viele Mitarbeiter, sie können davon sogar gesundheitliche Beschwerden bekommen.“ Deshalb ist es umso wichtiger, die Prozesse durch fähige Change-Manager und Berater zu begleiten.
Was müssen Change-Berater dafür mitbringen?
Das Ergebnis einer Studie von Campgemini Consulting lautet: Zu den entscheidenden Eigenschaften „des idealen Veränderers gehören Selbstreflexion, Kommunikationsfähigkeit, die Bereitschaft zur Kooperation und partnerschaftlichen Konfliktlösung.“ Genauso wichtig seien „die Gabe der Motivation und die Fähigkeit, Teamprozesse organisieren und moderieren zu können.“
Der Studie zufolge sei „ein hochwirksamer Veränderer“ souverän, offen, neugierig, lernwillig, lehrfreudig und mitreißend. Das gilt für Change-Manager, die aus dem Management der Unternehmen stammen – und auch für externe Berater, die Veränderungsprozesse begleiten. BDU-Fachmann Bormann ergänzt: „Der Berater braucht natürlich BWL-Kenntnisse, aber auch Kompetenz in der Frage, wie und warum sich Organisationen verändern.“
Außerdem spielen soziale Skills eine große Rolle, schließlich geht es um sensible Themen – hier liegt einer der großen Unterschiede zum klassischen Consulting: „Der Berater setzt sich den größten Teil seiner Arbeitszeit mit Menschen auseinander und kann sich nicht hinter fachlichen Themen verstecken. Natürlich sind dafür auch psychologische Kenntnisse erforderlich, denn die Arbeit mit den Beteiligten und in Gruppen spielt eine große Rolle.“
Wie wird man Change-Berater?
Wie so oft in der Consultingbranche gilt: Der Begriff des Change-Beraters ist nicht geschützt, viele klassische Consultants oder große Beratungshäuser wie PWC, Roland Berger und die Boston Consulting Group bieten neben vielen anderen Leistungen auch Change-Beratung an. Im Idealfall haben die entsprechenden Berater Weiterbildungen und Workshops besucht, die sie auf die Herausforderung vorbereiten.
„Häufig ist es so, dass Berater schon länger im klassischen Consulting arbeiten und sich dann spezialisieren, aber es gibt natürlich auch Ausnahmen“, sagt Experte Hans-Werner Bormann. Er empfiehlt etwa fünf Jahre Berufserfahrung als Consultant, bevor man sich auf die Veränderungsprozesse spezialisiert: „Es hilft, eine gewisse Seniorität und Autorität mitzubringen. Schließlich setzt sich der Change-Berater mit einer Gruppe gestandener Führungskräfte auseinander – da könnte man mit Anfang 30 Probleme bekommen.“ Aber irgendwann muss man ja anfangen.