Versicherungen: Der Vorurteils-Check für eilige Absolventen
1. Das Image der Versicherungen ist nicht das beste
Stimmt. Skandalmeldungen, Schaumweinpartys und schwarze Schafe haben das Ansehen der Branche beschädigt. Vor allem die Vertreter kämpfen mit einem schlechten Ruf, der sich hartnäckig hält - und führen regelmäßig die Top Ten der unbeliebtesten Berufe an. Aber wir wollen fair bleiben. Hierbei handelt es sich um Einzelfälle. Die Branche ist besser als ihr Ruf, gilt als solide und zukunftssicher. Und auf den Imageverlust hat sie reagiert: mit Kampagnen für mehr Transparenz und Weiterbildung.
2. Hier arbeiten doch nur BWLer!
Falsch! Umworben werden auch Mathematiker, Juristen, Wirtschaftsingenieure und Informatiker. Sie berechnen Risiken, schaffen rechtliche Grundlagen, analysieren technische Prozesse und sorgen für die nötige IT-Infrastruktur. Vor allem IT-Nachwuchskräfte werden immer mehr von Versicherungen gesucht. Manchmal erfordern die vielfältigen Aufgaben in der Versicherung auch ganz spezielles Know-how. So sind etwa bei den globalen Rückversicherern auch Geologen, Meteorologen und andere Naturwissenschaftler gefragt.
3. Für Versicherer arbeiten heißt Klinkenputzen
Wer für eine Versicherung arbeitet, zieht klinkenputzend von Tür zu Tür. So lautet zumindest das Klischee. Natürlich sieht die Realität anders aus. Zwar ist der Vertreter unseres Vertrauens unsere erste Anlaufstelle bei allen Versicherungsfragen. Doch auch jenseits von Vertrieb und Kundendienst kann man Karriere machen. Schadensmanagement, Produktentwicklung oder Marketing sind nur einige der vielen Bereiche, in die Absolventen einsteigen können. Nicht umsonst gilt die Versicherung als "Haus der 100 Berufe". Vor verschlossenen Türen muss also keiner stehen!
4. Versicherungen sind innovationsträge
Was ist dran am Vorurteil, Versicherungen seien langweilig und würden keine Innovationen hervorbringen? Klar, Hausrat-, Haftpflicht- und Lebensversicherung kennt jeder. Doch in Wahrheit müssen Versicherungen pausenlos auf neue Herausforderungen in der Gesellschaft reagieren und ihr Angebot ständig erweitern. Rückversicherungen etwa decken die Risiken von Großereignissen wie der Fußball-WM, Naturkatastrophen oder der Bedrohung durch Piratenangriffe ab. Von Innovationsmüdigkeit kann also keine Rede sein.
5. Niedrige Gehälter
Millionen bewegt, doch die eigene Tasche bleibt leer - ein weiterer Mythos aus der Welt der Assekuranz. So sieht es wirklich aus: Einsteiger können laut Vergütungsberatung Personalmarkt mit durchschnittlich 43.000 Euro im Jahr rechnen. Generell gilt: Je größer das Unternehmen, desto mehr landet am Ende des Monats auf dem Konto. Auch den oft gezogenen Vergleich mit Banken und IT-Unternehmen müssen Versicherungen nicht scheuen. Die Gehaltsperspektiven für Einsteiger sind hier ähnlich.
6. Frauen haben keine Chance
Manch einer kennt ihn noch, den freundlichen und gediegenen Herrn Kaiser, Aushängeschild und Identifikationsfigur einer ganzen Branche. Sein Bild scheint jedenfalls noch immer herumzugeistern, denn auch das Klischee von der Männerdomäne Versicherung hält sich beharrlich. Heute trifft es allerdings nicht mehr zu. Mittlerweile liegt der Anteil der Frauen in den Unternehmen bei 48 Prozent, so der Arbeitgeberverband. In den Führungsetagen ist der Frauenanteil auch immerhin auf 26 Prozent gestiegen.
7. No risk, no fun
Viele halten den Job bei einer Versicherung für risikoarm und langweilig. Fakt oder Vorurteil? So viel lässt sich bestätigen: Versicherung ist ganz sicher nichts für Zocker! Denn obwohl die Branche milliardenschwer ist, steht hier nicht Nervenkitzel, sondern solide Geldanlage und das Vertrauen des Kunden im Vordergrund. Wenn du nach den Big Deals suchst, bist du im Investmentbanking besser aufgehoben. Doch die langfristige Kapitalanlage hat auch Vorteile. Denn anders als etwa die Banken haben die Versicherungen die Krise gut gemeistert. Einsteiger können daher mit sicheren Arbeitsplätzen und Gehältern rechnen.
8. Langweilige Produkte
Immer wieder hört man den Vorwurf, die Produkte der Versicherungen seien zu unübersichtlich, schwer vergleichbar und für den Verbraucher im Detail kaum zu durchschauen. Kein Wunder, denn im Dschungel aus unzähligen Vertragsvarianten und Anlagekonzepten kann man schnell mal den Durchblick verlieren. Hier wäre manchmal mehr Transparenz wünschenswert - und eine bessere Beratung. Wieso also nicht das Heft selbst in die Hand nehmen und bei einer Versicherung einsteigen?
9. Markt wird von wenigen Konzernen dominiert
Der Versicherungsmarkt wird von wenigen großen Konzernen dominiert, die Kleinen können da nicht mithalten. So lautet ein häufiges Vorurteil. Und auch das stimmt teilweise. Zwar gibt es in Deutschland sage und schreibe rund 600 Versicherungsunternehmen. An der Spitze der Rankings aber stehen Big Player wie Allianz, Munich Re oder Talanx. Die kleineren Unternehmen haben zwar öfter mit Regulationen und Übernahmen zu kämpfen. Dafür besetzen sie meist Nischen, sind auf bestimmte Produkte spezialisiert und manchmal näher am Kunden.
10. Versicherer sprechen nur Fachchinesisch
Oft heißt es, Versicherer sprechen nur Fachchinesisch. Es stimmt, dass auch die Versicherungsbranche über einen eigenen Jargon verfügt. Gerne wird behauptet, der Fachsprech diene der einfacheren Kommunikation. Aber welcher Laie kennt sich schon aus mit Retrozession oder weiß, was ein Selbstkontrahierungsverbot ist? Ob die Versicherungssprache nun hilfreich ist oder nicht, sei hier dahingestellt. Die gute Nachricht ist aber: Man kann sie erlernen! Und zur Not gibt es ja immer noch entsprechende Glossare, die die Orientierung erleichtern - wie etwa unser Glossar zur Rückversicherung.
Nicole Janssen, Redaktion