IT-Karriere im Ausland: Asien funktioniert anders
"Intel ist eine internationale Firma. Da sind die Büros und die meisten Arbeitsabläufe sehr ähnlich. Deshalb musste ich mich gar nicht so sehr umgewöhnen", berichtet Christoph Jechlitschek über seinen Wechsel vom deutschen Intel-Hauptsitz in München nach Japan.
Dort arbeitete Jechlitschek als Application Engineer zwei Monate lang an einem User-Interface-Projekt im Bereich "In Vehicle Infotainment". Der 34-jährige Entwickler erklärt die Aufgabe: "Das ist die Schnittstelle, die die Fahrer in eingebauten Navigationsgeräten in Autos sehen. Es ging hauptsächlich darum sicherzustellen, dass die Benutzeroberfläche immer reibungslos läuft."
Keine Routine-Angelegenheit
Dennoch ist ein Wechsel ins Ausland nie eine Routine-Angelegenheit. Die wichtigsten Unterschiede bestehen meist nicht auf der fachlichen Seite, sondern in der alltäglichen Kommunikation und eher informellen Abläufen. Jechlitschek vergleicht: "In Deutschland werden viele Entscheidungen durch Diskussionen getroffen. Man kann durch gute Argumente auf eine Entscheidung drängen. In Japan funktioniert so etwas nicht. Die Mitarbeiter können ihre Argumente zwar darlegen, bekommen aber selten eine direkte Antwort. Auch mit Kritik halten Japaner sich zurück. Der Schlüssel liegt eher in Diplomatie als in guten Argumenten."
Über Umwege
Auch die Zusammenarbeit mit anderen Firmen funktioniert in Japan auf indirekten Wegen. IT-Experte Christoph Jechlitschek: "In Europa habe ich bei fast allen Projekten einen direkten Draht zu deren Entwicklern. Wenn etwas nicht klar ist oder ich etwas diskutieren möchte, rufe ich einfach an."
Anders im fernen Osten: "In Japan spricht man nicht direkt mit den Entwicklern. Es gibt Account Manager, die die Kommunikation regeln, die Meetings aufsetzen und Prioritäten festlegen. Sitzt man doch endlich mit den Entwicklern in einem Raum, merkt man schnell, dass nicht jeder Englisch spricht. Das macht das Ganze natürlich nicht einfacher."
Indische Gesellschaft
Markus Hörterer ist IT-Berater und Associate Partner beim indischen IT-Unternehmen Infosys Lodestone, das seinen deutschen Hauptsitz in Frankfurt am Main hat. Auch er hält die kulturellen Unterschiede für die größte Herausforderung einer internationalen Karriere. "Es ist sehr wichtig, im Team zu arbeiten, und auch Lösungen werden stärker im Team erarbeitet, als wir das von zu Hause kennen", sagt er über seine Erfahrungen in Indien.
Hörterer empfiehlt jedem IT-Studenten, eine gewisse Zeit im Ausland zu verbringen. "Beruflich geht es darum, später bei einem großen, international agierenden Unternehmen zu arbeiten. Da gibt es auch im Inland keine rein deutschen Tätigkeiten mehr. Die Entwicklung innovativer IT-Lösungen findet heute oft im Ausland statt", erklärt der Infosys-Berater, der während seines Studiums in den USA, Frankreich und Spanien war.
Begeisterung zeigen
Vor allem an sein achtwöchiges Praktikum in den USA erinnert sich der heute 40-jährige Hörterer gerne: "Das war relativ früh während meines Studiums und ich musste mein gesamtes Leben dort organisieren. Persönlich habe ich damals sehr viel gelernt. Das Praktikum war auch lang genug, um die amerikanische Kultur sehr gut kennenzulernen." Begeisterung für eine internationale Tätigkeit setzt Hörterer voraus: "Wer den Weg ins Ausland als reines Muss ansieht oder als einen Punkt, der auf einer Checkliste abzuhaken ist, wird der Sache nicht gerecht.
Per Initiativbewerbung
Christoph Jechlitschek studierte Informatik in Oldenburg und an der Washington University in St. Louis (USA). Für seine berufliche Station in Japan wurde er bei Intel selbst aktiv. Als er sah, dass das Unternehmen einen Entwickler in Japan suchte, schrieb er dem zuständigen Manager und fragte, ob nicht er die Position übernehmen könne, bis jemand eingestellt sei. "Ich hatte schon öfter mit dem Gedanken einer Jobrotation gespielt. Der Manager fand die Idee auch gut. Also haben wir es so gemacht", sagt Jechlitschek.
Standard sind bei Intel jedoch geplante Auslandseinsätze, die das Unternehmen über das interne Job board oder in Karrieregesprächen mit dem Vorgesetzten anbietet. Wie schnell ein Auslandseinsatz tatsächlich realisiert wird, hängt vor allem von der Motivation der Mitarbeiter ab. "Einen internen Wechsel innerhalb des Konzerns unterstützt das Unternehmen zu jeder Zeit", erklärt Jechlitschek.
Fachlich und persönlich
Für den Application Engineer aus München hat sich der Wechsel nach Asien auch im Nachhinein gelohnt: "Fachlich profitiere ich auf jeden Fall von den Kontakten, die ich während des Auslandsaufenthalts aufgebaut habe. Etliche Probleme lassen sich später einfach dadurch lösen, dass man an der richtigen Stelle nachfragt." Das ist aber nicht alles: "Persönlich profitiert man natürlich auch. Es entwickeln sich viele Freundschaften und ich habe gelernt, wie man in einem anderen Land wohnt. An den Wochenenden konnte ich auch im Land umherreisen.
Auf das Ausland vorbereiten
Die beste Vorbereitung auf eine internationale Karriere sind für Jechlitschek wie für Hörterer Auslandsemester und internationale Praktika. Infosys bietet IT-Studenten verschiedener Partnerhochschulen das Instep- Programm an, bei dem sie ein acht bis zwölfwöchiges IT-Praktikum in Indien absolvieren können. Die Möglichkeit, in Indien zu arbeiten, ist für Markus Hörterer ein gutes Instrument zu verstehen, was in einer IT-Beratung passiert und wie die internationale Zusammenarbeit funktioniert. "Es kann auch passieren, dass ein Teilnehmer sich direkt bei uns bewirbt oder wir auf ihn zukommen. Ein vorgezogenes Assessment Center soll das Programm aber nicht sein", ergänzt der IT-Berater.
Für das Studium gibt er den Tipp, schon bei der Wahl der Hochschule darauf zu achten, mit welchen Hochschulen sie im Ausland kooperiert. Denn, so der Infosys-Manager: "Ein Auslandssemester ist es immer wert, das Studium um ein halbes Jahr zu verlängern.
Heinz Peter Krieger, Redaktion