Internet der Dinge: Viele Chancen und neue Jobs für IT-Einsteiger
Maschinen kommunizieren miteinander, Objekte werden intelligent, Roboter tauschen Informationen aus. Das Internet der Dinge vereint die virtuelle mit der realen Welt und ist bereits zu einem zentralen Thema in vielen Unternehmen geworden. Das verändert die Industrie – und vor allem die Arbeitswelt von Informatikern.
Internet der Dinge: Was bedeutet das?
„Das Internet der Dinge ist ein Grundprinzip der Industrie 4.0“, erklärt Christian Prasse, Leiter strategische Entwicklung beim Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik. „Am Ende der Vision steht eine autonome und selbstgesteuerte Wirtschaft – im besten Sinne. Die Komplexität nimmt aktuell auf allen Ebenen zu, wir müssen uns etwas ausdenken, um den Planungsaufwand zu minimieren: Hier hilft die Selbststeuerung durch das Internet der Dinge enorm.“
Das haben auch deutsche Arbeitgeber bereits erkannt, viele arbeiten mit Hochdruck an Techniken und Systemen, die auf dem Internet der Dinge basieren. So ist Industrie 4.0 eine Hauptstrategie der künftigen Produktion bei ZF Friedrichshafen. Nils Macke ist Senior Manager Corporate Production im Unternehmen und erklärt, wie ein mögliches Szenario aussieht: „Im Werk fährt ein Getriebe nach dem anderen über das Montageband. Es gibt über 50 verschiedene Varianten, die alle unterschiedlich sind.“ Für Arbeiter ist es oft schwer, hier den Überblick zu behalten, deshalb können Maschinen helfen: „Der Arbeitsplan wird digital visualisiert, es werden automatisch die richtigen Materialien geliefert, beim Werkzeug ist immer das richtige Drehmoment eingeschaltet.“ Die Arbeit wird erleichtert, die Effizienz erhöht.
Welche Chancen gibt es für Informatiker?
Das ist keine Zukunftsvision in einzelnen High-Tech-Häusern, sondern bald Alltag in vielen Betrieben. Einer Umfrage des Branchenverbands Bitkom von 2019 zufolge, sind drei von vier Unternehmen auf dem Weg in die Industrie 4.0 und mehr als jedes zehnte Industrieunternehmen setzt bereits auf Künstliche Intelligenz. Dem Verband zufolge haben IT-Experten deshalb beste Jobchancen. „Machine-to-Machine Software-Entwickler, Data Scientists, IT-Sicherheitsexperten, Human-Machine Interaction Designer oder Plattform- und Ökosystem-Experten werden künftig in jeder Fabrik gefragt sein“, sagt Frank Riemensperger, Bitkom-Präsidiumsmitglied.
Auch Nils Macke von ZF bestätigt: „Für ITler ergeben sich definitiv viele neue Jobchancen bei uns. Aktuell beschäftigt unsere Informatik im ZF-Konzern über 1400 Mitarbeiter, aber wir haben weiterhin Bedarf – zum Beispiel bei Produktionsinformatikern.“ Hier die richtigen Experten zu finden, ist eine Herausforderung, schließlich konkurrieren Industrieunternehmen mit den großen IT-Playern wie Google, Microsoft oder SAP: „Wir alle wollen die besten Talente unter den IT-Spezialisten.“
Was müssen IT-Experten mitbringen?
Aber wie sehen sie aus, die gesuchten Talente? „Wer beruflich mit dem Internet der Dinge arbeiten will, braucht eine solide Grundbildung. Er muss die komplexen Themen durchdringen und grundsätzlich verstehen“, sagt Fraunhofer-Experte Christian Prasse. „Darüber hinaus kommt es vor allem darauf ein, superflexibel zu sein. ITler müssen agil sein und sich schnell in neue Themen einarbeiten können.“
Auch bei ZF wird besonders großer Wert auf die Flexibilität und Offenheit gelegt: „Wir suchen aufgeschlossene Informatiker, die gerne in Teams arbeiten“, sagt Macke. „Schließlich müssen sie gemeinsam mit unseren Produktionsexperten Lösungen erarbeiten.“ Den Informatiker, der allein vor seinem Rechner sitzt, gibt es kaum noch. Es kommt auf Zusammenarbeit, Kreativität und schnelle Lösungen an.
Ein weiterer wichtiger Faktor: die Bereitschaft zu stetiger Weiterbildung. In einem dynamischen Arbeitsfeld wie dem Internet der Dinge lernen Mitarbeiter ständig hinzu, sie müssen neue Techniken entwickeln oder verstehen – auch wenn sie schon ein paar Jahre im Job sind.
Wie verändern sich die Arbeitsbedingungen?
Wer als ITler in der Industrie 4.0 arbeitet, muss sich außerdem ganz anderen Herausforderungen stellen als ein Kollege, der zum Beispiel einen Job in der Anwenderbetreuung hat: „In der Office-IT geht es darum, möglichst viele Nutzer mit standardisierten Lösungen zu betreuen“, sagt Nils Macke von ZF. „In der Produktion ist der Nutzer oft die Maschine, und die ist hochkomplex. Wenn etwas nicht läuft, muss schnell reagiert werden. Wir haben nur eine Pufferzeit von 15 Minuten, dann steht das Band.“ Der ITler muss schnell reagieren und eine Lösung finden – er trägt eine große Verantwortung.
Und all das geschieht nicht nur zwischen 9 und 17 Uhr. In einem Großkonzern mit weltweiten Standorten muss rund um die Uhr ein Experte zur Verfügung stehen: Hier arbeiten die ITler im Schichtsystem, um jederzeit bei hochkomplexen Fragen zur Stelle zu sein.
In dieser Arbeitswelt bestehen Kollegen nicht nur aus Fleisch und Blut – häufig sind es Maschinen und vernetzte Objekte. Dass sie eines Tages den Menschen komplett ersetzen werden, daran glauben Experten aber nicht. „Mitarbeiter müssen flexibel, kreativ und fantasievoll sein“, sagt Christian Prasse. „Das werden Maschinen nicht leisten können, auch wenn sie noch so gut entwickelt sind. Wir werden weiterhin Menschen brauchen – sie bleiben die kognitiven Alleskönner.“