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Boutiquen: Nichts von der Stange

Boutiquen arbeiten spezialisiert und maßgeschneidert. Arbeitsrecht ist ein beliebtes Spezialgebiet für Boutiquen, aber auch gewerblicher Rechtschutz oder Steuerrecht. Für Nachwuchsjuristen sind sie eine interessante Alternative.

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Wer die beliebtesten Arbeitgeber für Juristen unter die Lupe nimmt, stößt vor allem auf Großkanzleien. Die bekannten Namen ziehen. Freshfields Bruckhaus Deringer, Hengeler Mueller, Clifford Chance und CMS sind die eindeutigen Sieger in der Gunst der Nachwuchsjuristen. So das Ergebnis des Trendence Institut Berlin, das 2.000 examensnahe Juristen nach ihrem Wunscharbeitgeber befragte. Weniger beachtet, aber mindestens genauso interessant, können Boutiquen für Nachwuchsjuristen sein.

Sie sind kleiner, suchen deswegen weniger Berufseinsteiger und fallen auch nicht durch glänzende Fassaden in Top-Geschäftslagen auf. Trotzdem glänzen sie – und zwar durch hoch spezialisiertes Wissen. Arbeitsrecht ist ein beliebtes Spezialgebiet für Boutiquen, gewerblicher Rechtschutz oder Steuerrecht. Und auch Schwerpunkte wie Transaktionen und Restrukturierungen – eigentlich eher Sache der Großkanzleien – sind in Boutiquen zu finden.

Kleine Kosten

Die kleinen, spezialisierten Kanzleien punkten bei der Auftragsvergabe nicht nur mit ihrem Wissen. Sie profitieren auch davon, dass die Mandanten mehr aufs Geld schauen als in den vergangenen Jahren. Weniger Verwaltung und günstigere Geschäftslagen halten die Kosten klein. „Das Arbeitsrecht ist eine nationale Materie und erfordert nicht die komplexen Strukturen und den administrativen Apparat einer Großkanzlei“, sagt Michael Kliemt. Als eine der ersten Spin-offs gingen die Partner Michael Kliemt und Oliver Vollstädt als ehemalige Clifford Chance Anwälte 2002 eigene Wege. Mit damals fünf Anwälten fokussierten sie sich von Anfang an auf das Arbeitsrecht. Und expandieren. Heute zählen sie insgesamt fast 50 Anwälte zu ihren Kollegen. Für Boutiquen eine recht große Zahl.

Arbeitsrecht ist ein typisches Gebiet, auf das sich kleinere Kanzleien und Boutiquen spezialisieren. Aber selbst wenn es um hohe Summen bei Transaktionen geht, sind nicht ausschließlich die Großkanzleien gefragt. Auch wenn die hohen Streitwerte das vermuten lassen. Ein Beispiel dafür ist Wächter Rechtsanwälte. „Der Streitwert meines größten Prozesses war mit über 100 Millionen Euro etwas höher als der Kaufpreis meines größten Unternehmensverkaufs“, sagt Gerhard Wächter, Rechtsanwalt aus Berlin.

Externe verstärken das Team

Und wenn dann doch mehrere Experten für ein Projekt gebraucht werden, kooperiert er mit Externen: „Bei Unternehmenskäufen, etwa für die Due Diligence, oder in manchen Phasen von Großprozessen bilden wir Ad-hoc-Teams mit externen Anwälten, Wirtschaftsprüfern und Steuerberatern.“ So stehen dann für einzelne Abschnitte größere Teams zur Verfügung.

Und hier tun sich auch die Grenzen der Boutiquen auf, die dazu führen können, dass sich Boutiquen doch wieder Großkanzleien anschließen. So geschehen bei der Fusion von Gleiss Lutz mit Rittstieg. Charakteristisch für kleinere Kanzleien sind flache Hierachien und der Mandantenkontakt von Anfang an. „Wir stehen mit vielen dauerhaft und nicht projektbezogen in Kontakt. Das ist ein wesentlicher Unterschied zur Großkanzlei“, sagt Michael Kliemt. Denn dort ist der direkte Kontakt gerade zu Beginn der Tätigkeit eher selten. Berufsanfänger bearbeiten meist nur einen Teil eines Projekts. Den Mandanten bekommen die Nachwuchsjuristen – wenn überhaupt – eher selten zu Gesicht.

Doch das heißt auch, dass von Anfang an erwartet wird, mit Mandanten auf Augenhöhe umgehen zu können. Die Anforderungen, die Boutiquen an den Nachwuchs stellen, sind vielerorts deswegen mindestens genauso hoch wie in den Großkanzleien, wenn nicht sogar höher. Zwei Prädikatsexamen sind häufig nötig. „Wir setzen außerdem eine arbeitsrechtliche Dissertation oder eine vorausgegangene Tätigkeit an einem arbeitsrechtlichen Lehrstuhl voraus“, so Michael Kliemt.

Flache Hierarchien

Auch wegen der flachen Hierarchien sind die Boutiquen nicht die schlechteste Adresse für eine zügige Karriere. Der intensive Mandantenkontakt bietet eine gute Chance, schnell Profil zeigen zu können. Der Weg in die Partnerschaft kann so wesentlich kürzer sein als in den Großkanzleien. Denn dort müssen Nachwuchsjuristen mit mindestens sechs Jahren rechnen. Vorausgesetzt die Möglichkeit einer Partnerschaft eröffnet sich überhaupt.

Die Gehälter, die Boutiquen zahlen, können allerdings mit den Großkanzleien nicht mithalten. Im Einzelnen sind sie Verhandlungssache und hängen stark von der jeweiligen Qualifikation ab. Meist bewegen sie sich in einem Rahmen zwischen 40.000 und 60.000 Euro.

Wer schon früh weiß, in welche Richtung die Karriere gehen soll, ist mit einer Boutique gut beraten. Ein Weg zurück kann allerdings schwierig werden, denn anders als in Großkanzleien gibt es in Boutiquen kaum alternative Rechtsgebiete, auf die Anwälte ausweichen können.


Eva Flick, Redaktion

Seyomedo/Shutterstock.com

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